Interview zur Inklusion am Arbeitsplatz und im Sport

FortSchritt steht für die Inklusion von Menschen mit Behinderung und Beeinträchtigung ein. Mit unserem Projekt FIND, dem FortSchritt Inklusionsdienst, haben wir ein Projekt initiiert, mit dem wir betroffenen Menschen den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt erleichtern und öffnen möchten.

Neben der persönlichen Betreuung am Arbeitsplatz, die einen elementaren Teil zur Entwicklung einer inklusiven Gesellschaft bildet, übernimmt auch der Sport diese wichtige Rolle.

Unser Praktikant Stefan ist Teil einer inklusiven Fußball-Mannschaft und gibt uns einen kleinen Einblick in den sportlichen Alltag und erklärt uns welche Unterschiede es zum regulären Fußball gibt. Darüber hinaus absolviert er momentan ein dreiwöchiges Praktikum in der FortSchritt Verwaltung. 

Max: Stefan, vielen Dank vorab, dass du dir die Zeit nimmst und uns einen kleinen Einblick in deine sportlichen Aktivitäten gewährst. Kannst du dich kurz unseren Leser/Innen vorstellen?

Stefan: Sehr gerne. Mein Name ist Stefan, bin 31 Jahre alt und bin gelernter Bürokaufmann von Beruf. Aktuell absolviere ich ein Praktikum in der FortSchritt Verwaltung. Fußball als Sportart hat mich schon immer fasziniert. Als Kind war ich in Unterhaching in der Schule und ab der 6. Klasse in der „Leistungsklasse“. Die haben uns Sportlern die Möglichkeit gegeben Training und Schule gut zu verbinden. Das fand ich super, denn ein kleiner Traum von mir war es Profi zu werden. Ab der 8. Klasse war das dann aber nicht mehr möglich.

Max: Was ist passiert?

Stefan: So richtig erinnere ich mich nicht mehr dran. Ich weiß nur, dass ich einen Autounfall hatte. Ab da konnte ich nicht mehr so Fußball spielen, wie ich es vorher konnte.

Max: Aber deine Begeisterung ist dieselbe geblieben, richtig?

Stefan: Auf jeden Fall! Der Sport war für mich schon immer wichtig. Auch nach dem Unfall wollte ich mitwirken und wurde dann Schiedsrichter. Noch heute pfeife ich einige Spiele pro Saison. Mein Vater war Schiedsrichter-Obmann beim Verein, daher kommt dieser Bezug. Mir gefällt es Entscheidungen zu treffen und auf dem Spielfeld eine Respektsperson zu sein. Aber ich wollte auch weiterhin aktiv spielen.

Max: Dann hast du von einer inklusiven Fußballmannschaft erfahren. Wie?

Stefan: Genau. Ich spiele seit drei Jahren beim TSV Oberpframmern, das liegt im Süd-Osten von München, in einer Inklusionsmannschaft. Davon erfahren habe ich über die Zeitung, da stand auch gleich dabei, dass in der Nähe von Rosenheim eine Infoveranstaltung stattfindet, bei der sich die Projekte und Trainer selbst vorstellen. Das hat mir so gut gefallen, dass ich mich entschieden habe, Teil des Teams zu werden.

Max: Der Fußballsport in einer Inklusionsmannschaft sieht sicherlich etwas anders aus als der reguläre. Was ist anders, was ist gleich?

Stefan: Es gibt schon einige Unterschiede. Beispielsweise spielen wir keine Einzelspiele, sondern haben Turniertage. Es gibt sogar ein Team aus Basel, das regelmäßig anreist. Außerdem spielen alle Sportbegeisterten in einem Team, alters- und geschlechtsunabhängig. Und es wird auf Kleinfeld gespielt mit 6 Feldspielern und 1 Torwart mit einer Spielzeit von 11 Minuten ohne Halbzeit. Der größte Unterschied ist aber die Spielweise: es ist zwar ein Wettkampf, es geht aber nicht so sehr um die Ergebnisse, sondern mehr um Fair-Play und Gleichbehandlung von allen. Während es beim regulären Fußball darum geht die Schwächen auszunutzen, geht es bei uns mehr darum, die Mitspieler zu unterstützen und dass jeder Spaß am Spiel hat.

Gemeinsam verbringen wir auch gerne unsere Freizeit. Es gibt ein Mal pro Jahr eine Weihnachtsfeier und ein großes Sommerfest bei dem eigentlich immer alle dabei sind.

Max: Wie zeigt sich das beim Spiel konkret?

Stefan: Naja, wir haben keine Mannschaftstaktik oder sowas. Was mir gut im Gedächtnis geblieben ist: die gegnerische Mannschaft hatte bei einem Turnier einen Rollstuhlfahrer im Tor. Da durften wir dann keine Weitschüsse machen oder oben schießen, weil das sonst unfair wäre.

Max: Was bedeutet für dich Erfolg?

Stefan: Erfolg hat für mich nichts mit Toren oder Ergebnissen zu tun. Das Entscheidende ist, dass jeder Spaß hat und wir eine Gemeinschaft bilden. Das ist mehr wert als jeder Sieg.

Max: Ähnlich wie das sportliche Projekt „Inklusionsmannschaft“ bieten wir als Träger unser Projekt FIND (FortSchritt Inklusionsdienst) für Mitarbeiter an, das dich auch bei deinem Praktikum begleitet. Wir schaffen durch dieses Projekt eine inklusive Arbeitsatmosphäre für Menschen mit und ohne Behinderung auf Augenhöhe. Wie hast du deine Praktikumswochen hier erlebt?

Stefan: Mein Praktikum dauert ja insgesamt vier Wochen. Dabei lerne ich die ganzen Prozesse und die Kolleg/Innen ein wenig kennen. Was ich hier super finde ist, dass ich meine Aufgaben in freier Reihenfolge und ohne Zeitdruck erledigen darf. Das gibt mir etwas Freiraum und Sicherheit. Diese Aufgaben werden mir aber nicht nur auf den Tisch gelegt nach dem Motto „Mach mal“ sondern sie werden zuerst mit mir besprochen und es wird nachgefragt „Traust du dir das zu?“, und wenn ich mir das zutraue, dann erledige ich die Aufgaben.

Max: Lief das denn in deinen vorherigen Stellen auch so ab oder gibt es hier Unterschiede?

Stefan: Also, ganz schwierig ist es wenn der Arbeitgeber automatisch von meinem Ausbildungsgrad auf meine Fähigkeiten schließt, aber nicht auf meine Grenzen Rücksicht nimmt. Das habe ich auch schon erlebt. Das frustriert den Arbeitgeber, aber mich auch. Die Kommunikation im offenen Dialog ist sehr wichtig.

Max: Was bedeutet Inklusion für dich?

Stefan: Einfach, dass man als Gruppe zusammen lebt, arbeitet, voneinander lernt und dass man trotz Schwächen aufgenommen wird. Nur gemeinsam kann man die Schwächen beseitigen um Teil einer Gemeinschaft zu sein.

Max: Danke für deine Zeit Stefan. Möchtest du noch etwas sagen?

Stefan: Ja, eine kurze Sache noch: ich freue mich, dass ich immer noch Teil meines Freundskreis aus der Schule bin. Für keinen von ihnen ist meine plötzliche Behinderung ein Grund gewesen die Freundschaft und den Kontakt abzubrechen. Es ist weiterhin toll vollwertiges Gruppenmitglied und Kumpel zu sein.