Warum sprachliche Bildung immer wichtiger wird

„Sprache ist unsere existenziellste Ausdrucksform, wir kennen alle das unangenehme Gefühl, wenn einem die Worte fehlen oder man keinen Ton mehr herausbringt“, sagte am Dienstag Prinzessin Ursula von Bayern als Schirmherrin des ersten Bayerischen Sprachkongresses in der Evangelischen Akademie Tutzing. Über 120 Pädagogen sowie pädagogisches Fachpersonal aus ganz Deutschland waren der Einladung der gemeinnützigen GmbH FortSchritt gefolgt, um sich über „Sprache in der frühkindlichen Bildung“ zu informieren. Kontroverse Diskussionen kamen vor allem in der von Barry Werkmeister launig moderierten Podiumsdiskussion zum Thema neue Medien auf.

Bei Workshops und Vorträgen kristallisierte sich immer deutlicher heraus, wie wichtig das Thema Sprache bereits im frühen Kindesalter ist. Die Kommunikation über die neuen Medien und in erster Linie das Smartphone verdrängt die gesprochene Sprache langsam von Platz eins unserer Kommunikationsrangliste. Die sogenannten Smombies – das Kombinationswort aus Smartphone und Zombies – sind längst in den Kinderkrippen und Kindergärten angekommen, stellen die Erzieherinnen und Erzieher am Dienstag eindeutig fest. „Wir Eltern haben zunehmend keine Zeit mehr. Das gemeinsame Familienessen mit ausführlichen Gesprächen ist als Kulturgut verloren gegangen. An seine Stelle sind Hast und Unruhe getreten“, merkte Horst Helmut Fleck, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Elternverbände Bayerischer Kindertageseinrichtungen (ABK) bei der Podiumsdiskussion selbstkritisch an. Deshalb wünscht er sich in Zukunft auch mehr Elternbildung zum Thema Sprache. In den Kindertagesstätten des Trägers FortSchritt gibt es diese Bildung bereits. Auch bundesweit wurde der Bildungsschwerpunkt Sprache erkannt. „Rund jede zehnte Kita in Deutschland ist mittlerweile eine „Sprach-Kita“. Das sind fast 6.600 Kitas von insgesamt knapp 56.000 Einrichtungen deutschlandweit“, heißt es vom Bundesfamilienministerium. Das Ministerium hat im Januar 2016 des Bundesprogramm Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ gestartet. Der Bund stellt für das Programm zwischen 2016 und 2020 Mittel im Umfang von bis zu einer Milliarde Euro zur Verfügung, schreibt das Familienministerium. Die FortSchritt gGmbH engagiert in großem Umfang bei dem Sprach-Kita Programm. Mehr als jede dritte FortSchritt-Kita nimmt an dem Projekt teil. Zudem hat FortSchritt drei Sprachberatungen eingestellt, die in drei Verbünden rund 45 Kitas trägerübergreifend im südlichen Oberbayern (von München bis zur österreichischen Grenze) beraten.

In der Praxis berät, unterstützt und begleitet eine ausgebildete Sprach-Fachkraft das Sprach-Kita-Team bei der alltagsintegrierten Sprachbildung der Kinder. Sie ermutigt Kinder und Erwachsene zu einer inklusiven, wertschätzenden Pädagogik. Zudem beraten die Sprach-Kitas Eltern, wie sie auch zuhause ein Umfeld zur guten Sprachentwicklung und –förderung ihres Kindes schaffen können. „Das wichtige an dem Programm ist, dass es nicht um eine Einzelkomponente von Sprache geht, sondern in die Breite gehe“, machte Prof. Dr. phil. Hans-Günther Roßbach, emeritierter Professor der Uni Bamberg, Erziehungswissenschaftler und Bildungsforscher am Dienstag deutlich. Selbst die Teambildung profitiere von dem Programm lobte der Professor.

Etwas enttäuscht, zeigte sich Gerald Kubik, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter der Tagesstätten bei FortSchritt, über die Wahrnehmung des Themas bei den bayerischen Politikern. Sie waren beim ersten Bayerischen Sprachkongress nicht in Tutzing vertreten. „Die Kita und frühkindliche Bildung geht wohl unter den alltäglichen Themen unter“, schloss Kubik daraus. „Wir müssen mehr Lobbyisten in eigener Sache werden“, lautete sein Aufruf an die Pädagoginnen und Pädagogen.